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Prof. Dr. Florian Koch

HTW Berlin

Dr. Florian Koch ist Experte im Be­reich Im­mo­bi­li­en­wirt­schaft mit dem Schwer­punkt Stadt­ent­wick­lung und Smart Cities und lehrt als Professor an der Hoch­schu­le für Tech­nik und Wirt­schaft. Er stu­dier­te Raum­pla­nung an den Uni­ver­si­tä­ten in Dort­mund und Rom und pro­mo­vier­te im Jahr 2009 an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät zu Ber­lin.

Wir haben mit ihm über die Herausforderungen in der wachsenden Metropole in Bezug auf Nachhaltigkeit und Lebensqualität gesprochen und inwiefern diese in einem Widerspruch zu einander stehen (könnten). 

 

Sie befassen sich schon länger mit dem Potenzial der Smart City im Bereich einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Was reizt Sie an diesem Thema?

Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind zwei wesentliche Trends der Stadtentwicklung, die erst seit Kurzem zusammengedacht werden. Aus wissenschaftlicher Sicht ist es spannend zu untersuchen, inwieweit smarte, digitale Innovationen in Städten zu einer nachhaltigeren Form von Stadtentwicklung beitragen können. Gleichzeitig muss aber auch analysiert werden, ob und wenn ja, welche negativen Auswirkungen Smart-City-Ansätze in Bezug auf die urbane Nachhaltigkeit haben. Diese Herausforderung, die der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen als „doppelte Großaufgabe“ betitelt hat, wird unsere Städte künftig prägen und auch herkömmliche Formen von Stadtplanung und -entwicklung verändern. Diesen Prozess aus wissenschaftlicher Perspektive zu analysieren und zu begleiten, reizt mich. 

 

Der urbane Raum muss sich transformieren, um ressourceneffizient, sicher und lebenswert zu bleiben. Welche Lösungsansätze bietet eine Smart City hier?

Der Begriff Smart City kann ja ganz unterschiedlich definiert werden. Wenn wir darunter den verstärkten Einsatz neuer digitaler Technologien und dadurch die Vernetzung vormals unabhängig voneinander wirkender Sektoren verstehen, dann existieren u. a. im Bereich der erneuerbaren Energien oder der Mobilität verschiedene Einsatzbereiche. Z. B. können auf digitalen Plattformen Produzenten und Konsumenten von erneuerbaren Energien sowie existierende Speicherkapazitäten zusammengebracht werden und somit Schwankungen des Angebots an erneuerbaren Energien ausgeglichen werden. Durch eine sensoren- und aktoren-basierte Mobilitätssteuerung können Verkehrsströme gemessen und gesteuert werden und so attraktive Mobilitätsformen, die unabhängig vom motorisierten Individualverkehr existieren, angeboten werden. Diese können als Beiträge zu einer Transformation zur postfossilen Stadt mit hoher Lebensqualität verstanden werden. 

 

Wo sehen Sie Widersprüche bei dem Thema?

Es können Zielkonflikte entstehen. Zu fragen ist, welche Gruppen von der Einführung von Smart-City-Technologien Vorteile haben und welche nicht. Oftmals sind bereits privilegierte Personengruppen Profiteure von smarten urbanen Technologien, während benachteiligte Gruppen die Angebote der smarten Stadt nicht annehmen können oder wollen. In diesem Zusammenhang kann die Smart City die bestehende Polarisierung und Ungleichheiten vertiefen. Aus globaler Perspektive ist zu beachten, dass die Smart-City-Technologien und -Devices, mit denen hier zu einer nachhaltigeren Form der Stadtentwicklung beigetragen werden soll, in anderen Teilen der Erde negative Effekte haben kann. Ein Beispiel hierfür sind die natürlichen Ressourcen (Metalle, seltene Erden), die für die Herstellung von smarten Technologien verwendet werden. 

 

Wie bewerten sie die aktuellen Bemühungen in Berlin hinsichtlich einer nachhaltigen Zukunft?

Bei vielen der Berliner Smart-City-Aktivitäten wird Digitalisierung nicht als Selbstzweck, sondern als Instrument für mehr Nachhaltigkeit betrachtet, was ich grundsätzlich positiv sehe. Wichtig sind die Unterstützung des Themas „Nachhaltige Smart City“ durch die politische Ebene und die Verbindung zwischen den Akteuren aus der Bezirks- und Landesebene. 

 

Welche Best Practices gibt es hier?

Best Practices sind für mich alle Ansätze, bei denen unterschiedliche Akteure zusammenkommen, um gemeinsam über die Stadt der Zukunft nachzudenken. Personen, die in Wissenschaft, Verwaltung und Politik oder Unternehmen arbeiten, sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie zivilgesellschaftliche Vereinigungen. Dabei müssen solche Räume Experiementierräume sein, in denen auch ein Scheitern von Ideen erlaubt ist und technische und soziale Innovationen ergebnissoffen getestet werden. Ganz konkret gibt es in Berlin viele solcher Orte. Mit am bekanntesten ist sicher der EUREF Campus, an den Forschungseinrichtungen und Unternehmen neue Wege smarter und nachhaltiger Stadtentwicklung suchen. Aber auch an anderen Standorten, wie z. B. in Oberschöneweide, existieren spannende Ansätze. 

 

Wie sieht für Sie die Stadt der Zukunft aus?

Meiner Meinung nach gibt es nicht die eine Stadt der Zukunft, sondern jede Stadt muss eigene Zukunftsvorstellungen entwickeln und sich hierfür mit den unterschiedlichen Akteuren zusammensetzen. Da es so viele Interessen in der Stadt gibt, sind Städte gut beraten, Stadtentwicklungskonzepte nicht von oben vorzugeben, sondern Aushandlungsprozesse anzubieten, in denen über die Stadt der Zukunft diskutiert, nachgedacht und – falls nötig – auch gestritten wird. Im Vordergrund muss dabei stehen, Städte als Orte zu bewahren, in denen unterschiedliche Sichtweisen und Lebensentwürfe friedlich und respektvoll miteinander existieren. Für mich sind spannende Entwicklungen, über die wir nachdenken sollten: Hochhäuser in Holzbauweise, dezentrale erneuerbare Energieversorgung und -speicherung, multimodale Verkehrsketten oder Sensoren, die Umweltbelastungen messen.

 

Beenden Sie bitte folgenden Satz: Berlin ist smart,...

... weil sich hier so unterschiedliche Personen, Ideen und Kulturen treffen. 

 

 

Vielen Dank für Ihre Zeit!

 

 

© HTW Berlin

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