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Dummy-Screens der App KiezRadar
© Fraunhofer FOKUS
21.11.2022

KiezRadar: Bürgerbeteiligung leicht gemacht

Wie können Berliner:innen sich schnell und übersichtlich über Beteiligungsformate und Bürgerinitiativen in ihrer Nähe informieren? Die App KiezRadar soll Bürger:innen künftig proaktiv, bedarfsgerecht und persönlich über wichtige Ereignisse aus Politik und Verwaltung informieren. Entwickelt wurde bisher ein Prototyp von Fraunhofer FOKUS – unter enger Einbindung von Nutzer:innen. Bei dem Projekt ging es auch um darum, einen solchen Prozess zu erproben.

Den Anstoß für das Projekt KiezRadar gab die persönliche Erfahrung eines Mitarbeiters des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS). Er wollte sich über eine Baustelle vor seinem Wohnhaus informieren. Doch online fand er spontan keine hilfreichen Daten zu Dauer oder Zweck des Bauvorhabens. Im Austausch mit Kolleg:innen kam die Idee zu KiezRadar ins Rollen: einer App, die Bürger:innen proaktiv über politische und verwaltungsbezogene Ereignisse ihres Kiezes informiert, den Zugang zu den digitalen Angeboten der Stadt erleichtert und es es ihnen zugleich ermöglicht, auf einer unteren Ebene der Verwaltung lokal mitzuwirken.

Ende Oktober 2019 ging das Projekt an den Start. Im Austausch mit der Senatskanzlei Berlin und dem CityLAB Berlin entwickelte das Team von Fraunhofer FOKUS einen Prototypen für eine solche mobile Anwendung. Eine erste Recherche ergab: Grundsätzlich sind die meisten Informationen bereits im Netz vorhanden. Allerdings sind diese in vielen System und Protokollen verteilt und daher nur schwer zu bündeln.

Die Einbindung der NutzerInnen in die Entwicklung der App war dabei von Anfang an Teil des Konzepts – von der ersten Idee bis hin zum funktionsfähigen Piloten. Denn: „In Berlin haben wir grundsätzlich die Ausgangssituation, dass viele Bürger:innen ihre Stadt und ihren Kiez mitgestalten und teilhaben möchten am politischen Geschehen“, so Susanna Kuper, Projektleiterin und UX-Spezialistin bei Fraunhofer FOKUS.
 

Papier-Prototypen und „Lautes Denken“


In Workshops, die als Veranstaltungen des CityLab Berlin und corona-bedingt teilweise auch digital durgeführt wurden, erarbeitete das Team gemeinsam mit Bürger:innen sowie Mitarbeiter:innen der Verwaltung deren Anforderungen und Wünsche hinsichtlich Funktionen, Bedienung und Interface der App. Diese wurden später umgesetzt und erneut durch Testgruppen evaluiert. Im Rahmen der Workshops entwickelten die Teilnehmer:innen außerdem eigene Ideen zur Umsetzung der App in Form von Papierprototypen. Für Nutzertests setzte das Team die Methode des „Lauten Denkens“ ein. Und zur Unterstützung des Entwicklungsprozesses wurden grafische Entwürfe der späteren App, sogenannte Mock-ups erarbeitet, Klick-Prototypen erstellt sowie Personas abgeleitet, um die Sicht verschiedener Nutzergruppen einzunehmen. Mithilfe dieses wertvollen Inputs wurden im Laufe des Prozesses das Interface ebenso wie die Menüführung, die Bedienung und bestimmte Funktionen der App regelmäßig angepasst.

 

Prototyp mit vier verschiedenen Ansichten

Zentraler Inhalt des schließlich entwickelten Prototypen von KiezRadar sind Einträge und Informationen zu Veranstaltungen und Projekten. Dabei können die Nutzer:innen zwischen vier verschiedenen Ansichten wählen: „Entdecken“, „Karte“, „Favoriten“ und „Suche“. Sie können so Ereignissen in der Nähe schnell finden und Einträge auch mit einem Stern als „Favoriten“ markieren. Eine zentrale Funktion der App ist das Filtern: nach Ereignistyp (Ausschusssitzung Beteiligungsprojekt, Quartiersmanagement). Thema (z. B. Kultur und Freizeit, Umwelt und Grünflächen, Gesundheit und Sport, Bauen und Wohnen, Verkehr), Standort (die Nutzer:in kann auf eigenen Wunsch ihren Standort mit der App teilen) und Radius in Kilometern und Zeitraum. Anwender:innen können so vorab definieren, welche Ereignisse ihnen angezeigt werden sollen und diese somit individualisieren. Die Ansicht „Entdecken“ hingegen bietet eine kompakte Übersicht über alle Einträge; sie  kann nach Datum, geografischer Entfernung oder Beliebtheit kategorisiert werden. Sowohl über die Entdecken- als auch über die Kartenansicht können außerdem Detailansichten von Einträgen aufgerufen werden. Das wichtige Thema Datenschutz wird dadurch gewährleistet, dass die App personenbezogene Daten lokal auf dem Smart Phone verarbeitet.
 

Zu den Funktionen und Ansichten des Prototyps vgl. ab Minute 10:59

 

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Deutlicher Mehrwert durch nutzentrierten Ansatz
 

Oft ist es so, dass eine Anwendung zwar theoretisch gut ist, in der Praxis jedoch keinen Bedarf erfüllt. Bei KiezRadar ist das anders. Gespräche, die das Team von Fraunhofer FOKUS mit Stakeholdern, wie Ansprechpartner:innen aus dem Quartiersmanagement, Vertreter:innen der BVV Pankow und Reinickendorf, der Senatskanzlei Berlin, Verwaltungsmitarbeiter:innen und Bürger:innen führte, ließen einen klaren Bedarf erkennen. „Was wir festhalten können, ist ein deutlicher Mehrwert durch den nutzentrierten Ansatz“, resümiert Susanna Kuper. „Gerade zu Anfang waren diese Impulse über die direkte Einbindung der Nutzer:innen sehr wichtig. Das hat sich ganz klar positiv die Qualität der Ergebnisse ausgewirkt.“ Als wertvoll für den Prozess erwiesen sich auch das systematische Vorgehen anhand von Hypothesen und der Methodeneinsatz des Lauten Denkens.

Eine weitere positive Erfahrung des Teams: Befürchtungen rund um eine partizipative App-Entwicklung wie „ Das Projekt wird zerredet“, „Die Anforderungen sind nicht zusammenzuführen“ oder  „ein solches Projekt zerfasert“ konnten durch eine sorgfältigeVorbereitung des Projekts aus dem Weg geräumt  werden.

Und noch ein weiteres zentrales „Learning“ nahm das Team aus dem Prozess mit: Bei der Akquise von Teilnehmer:innen für Workshops oder Tests ist es sinnvoll, nicht nur über digitale Wege zu gehen, sondern auch über Zeitungen zu werben. Auf diese Weise kann der Kreis der Teilnehmer:innen nämlich auch auf Personen erweitert werden, die digital wenig affin sind. Empfehlenswert sei auch die Koppelung an Events. So konnten durch eine Kooperation mit der Berlin Science Week ganz unterschiedliche Nutzer:innen für die Tests gewonnen werden. Für den Beteiligungsprozesses empfiehlt das Team sich live und vor Ort zu treffen. Das gelte vor allem für größere Gruppen – denn digitale Workshopformate haben zwischenmenschlich ihre Grenzen.
 

Künftiger Entwicklungsfokus: die Wünsche und Bedürfnisse der Verwaltung
 

Das Projekt KiezRadar endete im März 2021. Transparenz und Open Source sollen es künftig auch anderen Akteur:innen ermöglichen, den Code für eigene Projekte zu nutzen: Das Backend, die App und der Code für die API (Application Programming Interface/Programmierschnittstelle) sind öffentlich verfügbar. Der ebenfalls online zugängliche Projektbericht enthält Dokumentationen für Anwender:innen und Entwickler:innen sowie Erfahrungen und Learnings des Teams.

Bei der Weiterentwicklung der App soll es nun vor allem darum gehen, KiezRadar vom Protoypen zur vollfunktionsfähigen App im dauerhaften Betrieb zu machen und die Wirksamkeit der App zu messen.

Heute bereits enthält KiezRadar Daten verschiedener Bezirke; weitere Datenquellen sollen erschlossen und eingebunden werden. Derzeit führt das Fraunhofer FOKUS außerdem Gespräche mit der Senatskanzlei Berlin über eine mögliche Weiterführung im Kontext von mein.Berlin.de. Auch eine Nutzung und Weiterführung durch das Bezirksamt Pankow ist angedacht.

„Das Projekt KiezRadar hat uns in den letzten drei Jahren gezeigt, dass die Einbindung von Bürger:innen in die App-Entwicklung nicht nur möglich, sondern außerordentlich hilfreich ist – für das Design der App ebenso wie für die Entwicklung ganz konkreter Funktionen“, resümiert Susanna Kuper. „Wir wollen uns nun besonders auf die Wünsche und Bedürfnisse von Mitarbeiter:innen der Verwaltung fokussieren. Was versprechen sie sich von der App, welche Funktionen sind aus ihrer Sicht sinnvoll und welche vielleicht nicht? Wir freuen uns auf die nächsten Schritte und die weitere gemeinsame Arbeit mit der Berliner Verwaltung im Projekt.“ (vdo)

 

Weiterführende Informationen

 

KiezRadar – Projektabschlussprojekt

KiezRadar – Open Source

 

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