
Delegationsreise: „Urbane Mobilität – von B nach A“
Vom 10. bis zum 11. Oktober 2022 reisten Vertreter:innen der Berliner Verwaltung, der Berliner Bezirke und der Wirtschaft nach Amsterdam. Es ging um Mobilitätsstrategien vor Ort und den Austausch mit niederländischen Unternehmen zu den Themen Fahrradkultur, Aktive Mobilität, Shared Mobility und Smart City.
Die Idee hinter dem Format „Urbane Mobilität – von B nach A“ ist es, die Vernetzung zwischen Unternehmen und Einrichtungen aus Amsterdam und Berlin zu intensivieren. Die Zielsetzung: konkrete Projektideen zu entwickeln und gemeinsam umzusetzen sowie den Wissens- und Wirtschaftsaustausch zwischen den beiden Städten auszubauen.
Insgesamt 16 Akteur:innen aus der Berliner Verwaltung und den Berliner Bezirken sowie Berliner Wirtschaftsvertreter:innen, informierten sich im Oktober zwei Tage lang in Amsterdam und Utrecht über die Entwicklung bestehender und zukünftiger Mobilitätsstrategien vor Ort. Sie erkundeten Amsterdam vom Fahrrad aus und vernetzten sich mit innovativen niederländischen Unternehmen.
Besonders beeindruckte die Teilnehmer:innen aus Berlin, dass das Thema Mobilität in Amsterdam ganzheitlicher und fächerübergreifend betrachtet wird als vielerorts in Deutschland. Auch dass die Stadt Amsterdam ihre Bürger:innen durch die Förderung des Radverkehrs über das nationale OV-Fiets-Programm, die Installation von nachbarschaftlichen Sharing-Hubs (z.B. Cargoroo-Stationen) oder EV-Ladestationen zur Wahl CO2-freier Transportmittel ermutigt, inspirierte die Berliner Delegation. Amsterdam setzt sich außerdem strikte Ziele, um in Zukunft klimaneutral zu sein.
„Fahrrad first“
Leicht neidvoll schauten die Berliner Teilnehmer:innen darauf, wie tief das Fahrradfahren in der niederländischen Kultur verwurzelt ist. Am Amsterdamer Hauptbahnhof beispielsweise – einem Fahrradverkehrsknotenpunkt der Stadt und Shared Space – tolerieren und akzeptieren sich Radfahrer:innen und Fußgänger:innen gegenseitig und lassen sich entsprechend Raum. Auf einer Radtour durch Amsterdam konnten die Gäste aus Berlin sich selbst von der Qualität der dortigen Radverkehrsinfrastruktur überzeugen: mit baulich sowie farblich getrennten Wegen, Fahrradampeln, durchdachtem Kreuzungsdesign und – im Vergleich zu Berliner Verhältnissen - riesigen, modernen Abstellanlagen. Deutlich wurde aber auch, dass das Prinzip „Fahrrad first“ in Amsterdam durchaus verbesserungsfähig ist – etwa bezüglich der Inklusivität der Planung und Barrierefreiheit. Noch gibt es für die Stadt beispielsweise kein Fußgänger:innenprogramm. Klar überzeugte Amsterdam durch die Qualität seiner Infrastruktur. Bemerkenswert ist, wie die Kooperation mit neuen Mobilitätsdiensten der Sharing-Economy eher zurückhaltend angegangen wird: Ride-Pooling, autonome Shuttles oder überall verfügbare Leihräder finden sich in der Stadt bisher nicht. Amsterdam könnte an dieser Stelle von den Erfahrungen der Stadt Berlin profitieren und nur die erfolgreich erprobten Konzepte übernehmen!
Besuch innovativer Unternehmen vor Ort
Dass der Austausch zwischen Berlin und Amsterdam wichtig und richtig ist, zeigte sich auch beim Besuch niederländischer Unternehmen vor Ort: die gelben Elektrolastenfahrräder von Cargoroo sieht man immer häufiger auch innerhalb des Berliner Rings; das Designbüro Springtime verschönert durch die Kooperation mit TIER Mobility auch Berliner Straßen; und das Programm „Coding the Curbs“ von Fronteer könnte eine gute Lösung für den Lieferverkehr in Berlin darstellen und so Konflikte reduzieren helfen, die aufgrund des Parkens in der zweiten Reihe entstehen. Ein weiterer Höhepunkt der Reise war der Besuch des weltweit größten Fahrradparkhauses in Utrecht. Hier zeigte sich die Fahrradkultur der Stadt in beeindruckender Weise – sowohl in der Nutzung der Abstellanlagen mit 12.500 Stellplätzen als auch auf den Wegen und Arealen davor.
Wie geht es weiter?
Die Erkenntnisse, die die Teilnehmer:innen während der Delegationsreise nach Amsterdam und Utrecht im Oktober mitnehmen konnten, sollen nun in einem Follow-up ausgewertet werden – ebenso wie die Erfahrungen einer Amsterdamer Delegation beim Besuch in Berlin im Februar 2022. Daraus könnten weitere Aktivitäten und vor allem gemeinsame Projekte erwachsen: z. B. im Bereich der Kommunikation der Fahrradkultur, in der Zusammenarbeit verschiedener Verwaltungsebenen und -ressorts oder in der Umsetzung von Logistik-Hubs oder der Planung von Mobilitätsstationen.
„Schaffe die Infrastruktur und die Menschen werden sie nutzen. Der Weg dahin geht in Amsterdam unter anderem über ‚The New Biking‘. Ein Mix aus verhaltensbezogenen Kommunikationskampagnen, Einbeziehung der Bürger:innen bei datengetriebener Bedarfserhebung, Pilotierungen und Förderung von Fahrradfahren in Stadtteilen mit geringer Radnutzung“, fasste einer der Berliner Delegationsteilnehmer, Rolf Mienkus, Geschäftsführer der INSEL-PROJEKT.Berlin GmbH, seine Eindrücke zusammen. Die Niederländer wiederum hätten in den vergangenen Jahren Berlins Reallabore und Experimentierfelder besucht und sich solche temporären Testräume beispielsweise auch für Amsterdam, Utrecht usw. gewünscht. „Ich habe die mehrfach gehörte Aussage mitgenommen, dass es mehr als ein halbes Jahrhundert gedauert hat, das ‚Fahrradparadies' Amsterdam zu schaffen. ‚Berlin multi- bzw. intermodal' wird also auch nicht über Nacht fertig sein. Wir müssen einen langen Atem haben und frustrationstolerant bleiben."
Organisiert wurde die Delegationsreise „Urbane Mobilität – von B nach A“ von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH in Kooperation mit Amsterdam Trade & Innovate, der Stadt Amsterdam und der APPM GmbH. (vdo)