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Norbert Herrmann bei der Verkündung der Startup Agenda 2022–2026
© Christina Lüdtke
14.12.2022

„Das Innovationspotenzial der Berliner Digitalindustrie nutzbar machen“

Im November 2022 wurde die neue Berliner Startup Agenda 2022–2026 verabschiedet. Mehr über Schwerpunkte und nächste Schritte erzählt Norbert Herrmann, bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe zuständig für Angelegenheiten der Start-up-Wirtschaft.

Berlin gilt nach wie vor als deutsche Gründerhauptstadt. Mehr als 600 Start-ups werden jährlich in der Stadt gegründet und die Berliner Digitalwirtschaft beschäftigte 2021 über 120.000 Menschen. Mehr als die Hälfte der in deutsche Start-ups investierten VC-Gelder fließen außerdem seit Jahren nach Berlin. Das macht das Start-up-Ökosystem zu einem Eckpfeiler der Berliner Wirtschaft. Ziel der Ende November vom Senat verabschiedeten Startup Agenda 2022-2026: Die Position Berlins als eine der weltweit erfolgreichsten Start-up-Metropolen weiter auszubauen und neue Akzente zu setzen – mit mehr Diversität, Nachhaltigkeit und Kooperationen.

Hierfür wurden fünf Aktionsfelder identifiziert: Die Förderung von Impact Startups, die Gewinnung von Talenten und Fachkräften, die Stärkung von Female Entrepreneurship und Diversität, die Nutzung von Synergien zwischen Start-ups, dem Mittelstand und Hochschulen sowie der Ausbau der digitalen und modernen Verwaltung durch Ausschöpfung der Potenziale von Start-ups. Formuliert wurde die Startup-Agenda 2022–206 unter Federführung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe (SenWiEnBe). Wir sprachen mit Norbert Herrmann, bei der SenWiEnBe zuständig für Angelegenheiten der Start-up-Wirtschaft über Ansätze, Schwerpunkte und nächste Schritte.

Herr Herrmann, die neue Startup Agenda wurde vor knapp einem Monat verabschiedet. Was ist neu im Vergleich zur alten?

Ich hatte die Erstellung der „alten“ Agenda in meiner damaligen Position am Entrepreneurship Zentrum einer Uni mitbekommen. Die 2016 benannten Aktivitäten und Kategorien ergeben tatsächlich auch heute noch Sinn. Damals ging es um die Themen Arbeit/Talente, Boden/Infrastruktur, Kapital/Investitionen sowie lokale und internationale Vernetzung. Dieses Mal haben wir die Schwerpunktsetzungen weniger generisch, sondern nach Handlungsfeldern vorgenommen, die uns aus dem Ökosystem als besonders relevant gespiegelt wurden. Natürlich spielte uns dabei in die Karten, dass uns mit dem Startup Report Berlin eine aktuelle Untersuchung vorlag, deren Ergebnisse wir auch als ein Fundament für die Erstellung der Agenda nutzen konnten.

Zum Prozess der Erstellung: Wir hatten uns vorgenommen, agil und partizipativ zu bleiben. Dabei hatten wir das Glück, auf die Strukturen der 2015 vom Land Berlin gemeinsam mit Partnern der Start-up-Wirtschaft gegründeten Berliner Startup Unit zugreifen zu können. Und dort Enthusiastinnen und Enthusiasten vorzufinden, die gerne und ausdrücklich Ownership für die Themen übernahmen; wir nennen diese Enthusiasten „KümmererInnen“. Diese haben dafür gesorgt, dass aus der Startup Agenda des Senats gleichzeitig ein Dokument aus dem Ökosystem wurde, das schließlich am 22. November 2022 vom Berliner Senat verabschiedet wurde. Etwas wirklich Besonderes! Denn die Inhalte werden nun vom gesamten Ökosystem angegangen ­– im Schulterschluss und im gemeinsamen Willen soll etwas erreicht werden. Für Berlin.

Die Agenda setzt einen der Schwerpunkte auf die sogenannte Impact Startups? Warum stehen diese in besonderem Fokus? Und was zeichnet sie aus?

Wir alle wissen: Die Klimakrise betrifft auch die Hauptstadtregion. Deshalb sind beispielsweise „Klimawandel“, „Impact“ oder „purpose driven“ Begriffe, mit denen Start-ups sich identifizieren bzw. die ihre Arbeit charakterisieren. Der Deutsche Startup Monitor berichtet über Start-ups, die sich als „green“ bezeichnen würden. 2022 sind das 46 Prozent aller Start-ups; 2021 waren es 42,8 Prozent. Unabhängig davon, wie belastbar diese Eigenangaben sind, bleibt doch festzustellen, dass der Anteil der sich als „green“ bezeichnenden Start-ups wächst.

In welchen Bereichen ist die Start-up-Szene Berlins besonders zukunftsfähig?

So klar lässt sich das nicht abgrenzen. Berlins Einhörner kommen oft aus dem eCommerce und dem quickCommerce, aber auch aus dem Bereich Mobility und FinTech. Wir sehen aber auch Scale-ups wie Thermondo oder Enpal, die man klar als Impact Start-ups einordnen kann.

Jenseits der Einhörner passiert natürlich auch einiges. Sobald ich hier bestimmte Branchen nennen würde, wären andere Branchen oder Technologiefelder allerdings zu Recht empört, nicht erwähnt zu werden. Es ist ebenfalls eine Berliner Besonderheit, dass hier so viele verschiedene Start-up-Industries erfolgreich zu Hause sind. Social Start-ups, “purpose driven” Start-ups und natürlich FinTech und IoT. Blockchain spielt auch im Krypto-Winter weiterhin eine wichtige Rolle, ebenso wie Artificial Intelligence – und vieles mehr.

Start-ups haben nach wie vor Schwierigkeiten, ihre Produkte und Leistungen Verwaltungen und anderen öffentlichen Einrichtungen zu präsentieren bzw. sich auf entsprechende Ausschreibungen zu bewerben. Was könnte die Situation verbessern? Und welchen Mehrwert könnten beide Seiten aus einer entsprechenden Zusammenarbeit ziehen?

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft hat schon vor rund zwei Jahren in Kooperation mit dem Kompentenzzentrum Innovative Beschaffung Weiterbildungen für Verwaltungsmitarbeitende organisiert. In diesen ging es darum, Vergabeverfahren für Innovationen einfacher zu gestalten – natürlich innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens. Aktuell geht insbesondere die Innenverwaltung die Modernisierung der Berliner Verwaltung gemeinsam mit der Senatskanzlei an. Ein wichtiges Dokument ist dabei die Strategie Gemeinsam Digital: Berlin, die den Berliner Digitalisierungs- und Smart-CityProzess skizziert. Tatsächlich sind wir in guter und enger Abstimmung zwischen Gemeinsam Digital: Berlin und der Berliner Startup Agenda. Ein „Kümmerer“ für den Bereich „Digitalisierung der Verwaltung und Start-ups“ kommt aus dem Projektteam Gemeinsam Digital: Berlin.

Zielsetzung ist und bleibt natürlich, das Innovationspotenzial der Berliner Digitalindustrie und insbesondere der Start-ups auch für die Weiterentwicklung der Verwaltung nutzbar zu machen. Ansatzpunkte gibt es einige – von der Sensibilisierung und Weiterbildung von Verwaltungsmitarbeitenden an der Verwaltungsakademie über den Govtech Campus des Bundes, wo Berlin sich auch engagiert, bis hin zu einfachen Intros zwischen Verwaltung und Start-ups. Wir freuen uns, hier zusammen mit Gemeinsam Digital: Berlin und anderen Akteurinnen und Akteuren weitere Ideen und auch nächste Schritte anzugehen.

Berlin soll Leuchtturm für die Zusammenarbeit zwischen Start-ups, KMU und Hochschulen werden. Besonders fehlt es an geeigneten „Räumen“, wo experimentiert werden kann. Wie wird die Startup Agenda hier wirksam?

Ich bin mir gar nicht sicher, ob es nur an gemeinsamen Räumen fehlt. Es gibt auch die Erfahrung, dass Kooperationswillige manchmal gar nicht zusammenfinden, weil sie sich noch nicht kennen. Ein Ziel ist es deshalb, mehr Transparenz zu schaffen über die „Willigen“, aber auch über „Best Practices“, die es in der Tat schon gibt. Besonders die IHK Berlin und  der UVB sind in diesem Bereich sehr aktiv: Zwei „Kümmererinnen“ dieser beiden Institutionen bringen das Thema Kooperationen voran. Interessant ist außerdem, dass beim Roundtable Start-ups der Regierenden Bürgermeisterin Anfang Dezember bereits die engere Verzahnung zwischen Hochschulen und dem Berliner Start-up-Ökosystem angegangen wurde. Nach meiner Einschätzung ist das sehr vielversprechend. Kurz: Es bewegt sich einiges.

Nach der formalen Verabschiedung der Agenda geht die Arbeit jetzt erst los: Welches sind die nächsten Aktivitäten und Schritte, damit Start-ups möglichst schnell davon profitieren können?

Start-ups warten ja nicht auf uns, um ihre Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln und den Kundenkontakt zu suchen. Die Berliner Startup Unit, insbesondere Marcia Schranner und Christian Stigler von der Berlin-Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, aber auch ich und die anderen Akteure, sind immer ansprechbar. Wir versuchen, wo möglich, zu helfen. Trotzdem sind mit der Agenda natürlich weitere Aktivitäten, Übersichten und Zusammenschlüsse geplant, um die Unterstützung insgesamt effektiver zu machen.

In der Berliner Startup Unit und deren Beirat gab es bereits ein erstes Treffen, in denen wir die fünf Handlungsfelder strukturiert haben. Damit sind die „KümmererInnen“ so aufgestellt, dass sie ihre Handlungsfelder im Rahmen von Arbeitskreisen weiterentwickeln können. Das klingt jetzt bürokratischer als es in Wirklichkeit ist. Diejenigen, die sich einbringen und mitentwickeln, sind willkommen. Damit verstärken wir den Austausch und das Netz des Ökosystems – und bearbeiten dabei Aufträge, die sich aus der Startup-Agenda ergeben. (vdo)

 

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