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Frieder Söling

2020 eröffneten die Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) die NochMall auf dem Gelände eines ehemaligen Baumarkts in Berlin-Reinickendorf. Das erste Gebrauchtwarenkaufhaus in Berlin ist weit mehr als ein großer Second-Hand Shop, denn hier gibt es nicht nur gebrauchte Waren wie Möbel, Kleidung, Elektrogeräte oder Bücher zu kaufen. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die NochMall zu einem Erlebnisort für alle Berliner*innen entwickelt, die sich für Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung interessieren oder lernen wollen, wie man aus „alten“ Sachen Neues machen kann. Die NochMall ist zugleich ein Leuchtturmprojekt der Zero-Waste-Initiative „Re-Use Berlin“, die die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt 2018 an den Start brachte. Frieder Söling steuert als Geschäftsführer der Noch-Mal gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Ingelmann die Entwicklung des Second-Hand-Kaufhauses, das im August 2025 seinen fünften Geburtstag feierte. Im Interview erläutert er Konzept und Zielsetzung des Projekts – und beschreibt Herausforderungen und Erfolge der NochMall.

Wie ist die die BSR vor mehr als fünf Jahren auf die Idee gekommen, ein Gebrauchtwarenkaufhaus in Berlin einzurichten?

Wir hatten festgestellt, dass auf den BSR-Recyclinghöfen zwar viele gut erhaltene Gebrauchtwaren als Abfall entsorgt werden, in Berlin aber keine zuverlässigen Abnehmer*innen für diese großen Warenmengen vorhanden sind. Daher haben wir die NochMall vor fünf Jahren eröffnet.  

Bevor es die NochMall gab, waren Sie als Innovationsmanager im Smart-City-Ökosystem unterwegs. Wo liegen Schnittmengen?

Kreislaufwirtschaft kann nur erfolgreich und zukunftsfähig sein, wenn sie auch ökonomisch ist. Insbesondere Abfallvermeidung und Wiederverwendung, die am Anfang der Abfallhierarchie stehen, sind oft ein Zuschussgeschäft. Mithilfe von Smart-City-Lösungen lassen sich Prozesse digitalisieren und effizienter gestalten, neue Kundengruppen und Vertriebskanäle erschließen und die Convenience und damit Akzeptanz für die verschiedenen Nutzer*innengruppen erhöhen. Dies sichert langfristig die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Angeboten der Kreislaufwirtschaft.

 „Zero Waste“ hat sich Berlin im Rahmen des Abfallwirtschaftskonzept 2020 bis 20230 auf die Fahnen geschrieben. Die BSR als Entsorgungsunternehmen ist eine der wichtigsten Umsetzungspartner*innen der Strategie. Geht das überhaupt – Null Abfall?

Zero Waste heißt für uns Null Verschwendung: Weniger und überlegter zu konsumieren, Mehrwegangebote zu nutzen und langlebige oder gebrauchte Produkte zu kaufen und zu reparieren anstatt sie wegzuwerfen. Zero Waste ist eine Vision, deren Umsetzung einen langen Atem braucht. Die BSR wird sich auf diesem Weg zu einem Zero-Waste-Dienstleister transformieren und neben der Gewährung der Entsorgungssicherheit auch neue nachhaltige Dienstleistungen entsprechend der Bedürfnisse unserer Kund*innen anbieten.

Die NochMall ist nicht nur ein besonderes Kaufhaus, sondern möchte die Berliner*innen auch für Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung sensibilisieren. Mit welchem Fokus?

Die NochMall hat den Anspruch, die Aufmerksamkeit für nachhaltiges Handeln zu erhöhen. Hierauf zahlt unser Gesamtkonzept ein. Einerseits ist die NochMall daher ein nachhaltiges Kaufhaus mit hoher Aufenthaltsqualität, ansprechendem Interior-Design, übersichtlicher Warenpräsentation und sauberen Waren mit nur kleinen Gebrauchsspuren. Andererseits ist sie ein Veranstaltungsort für Zero-Waste-Events. In diesem Rahmen informieren wir über nachhaltigen Konsum und zeigen in Workshops, die Spaß machen, welche Produkte sich reparieren oder upcyceln lassen: Bücher, Textilien, Elektrogeräte, Möbel, Werbebanner, Federbälle und vieles mehr. Wir möchten alle gesellschaftlichen Gruppen mit unseren Angeboten ansprechen und bei den Berliner*innen Freude an der Abfallvermeidung und Wiederverwendung entwickeln.

Gab und gibt es besondere Herausforderungen dabei, ein solches Gebrauchtwarenkaufhaus zu etablieren und zu betreiben?

Die gibt es, denn wir haben den Anspruch, neue tariflich bezahlte Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Dies bedeutet in einem margenarmen Geschäftsfeld mit – im Vergleich zu anderen Wettbewerbern – hohen Personalkosten: immer wieder innovative Lösungen zu entwickeln, um Umsatzerlöse zu steigern und Prozesskosten zu reduzieren.

Abfallvermeidung soll und darf auch Spaß machen. Mit welchen Angeboten „locken“ Sie Besucher*innen in die NochMall?

Wir bieten jährlich mehr als 150 Veranstaltungen an. Highlights sind unsere monatlichen Auktionen, die Repaircafés und verschiedene Upcycling-Workshops. Jedes Jahr im November richten wir außerdem das Zero-Waste-Future-Festival aus. Pionier*innen der Nachhaltigkeit nehmen daran teil, und mehr als 3.500 Gäste besuchen das Event.

Wie kam die NochMall bisher an?

Die Resonanz auf das Angebot der NochMall ist sehr positiv. Im Jahr 2024 hatten wir mehr als 400.000 Besucher*innen. Tendenz ist steigend. Auch unsere mehr als 150 Veranstaltungen rund um das Thema Zero Waste waren sehr gut besucht. Wir haben viele Stammkund*innen aus der Nachbarschaft. Unsere typische Kund*in kommt aus Reinickendorf, ist weiblich und älter als 40 Jahre. Insbesondere samstags kommen jüngere Besucher*innen aus ganz Berlin.

Woher stammen die gebrauchten Waren in der NochMall? Sind die Recyclinghöfe der BSR „Lieferanten“?
Die gebrauchten Waren erhalten wir aus Spenden, überwiegend von privaten Haushalten. Diese Spenden werden beispielsweise auf ausgewählten Recyclinghöfen der BSR abgegeben.

Wenn ich beispielsweise alte Möbel oder Elektrogeräte loswerden möchte, die noch funktionieren und zu schade für die Tonne sind: Wie kommen meine Waren zu Ihnen?

Gut erhaltene Gebrauchtwaren können an vier Recyclinghöfen der BSR oder direkt bei der NochMall in Reinickendorf abgegeben werden. Die NochMall bietet aber auch einen Abholservice an.

Wird es künftig weitere Filialen des Gebrauchtwarenhauses in anderen Stadtbezirken geben?

Zunächst ist es unser Ziel, bis 2027 schwarze Zahlen zu schreiben. Dies ist die Voraussetzung für die Eröffnung weiterer NochMall-Filialen in Berlin.

Können Sie bitte folgenden Satz beenden:„Berlin ist smart, weil …“

… es hier viele kluge Köpfe gibt, die mit Hilfe von Digitalisierung und KI nachhaltige Themen wie Zero Waste und Re-Use vorantreiben. (vdo)

NochMall.de

© BSR

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